Eine schutzbedürftige Familie trotz schwerwiegender medizinischer Risiken nach Kroatien zurückgeschickt
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Médecins du Monde warnt vor einer Ausweisung, die gegen die Menschenwürde verstößt. Herr A., seine Frau und ihr einjähriges Kind wurden kürzlich im Rahmen der Dublin-Verordnung aus der Schweiz nach Kroatien zurückgeschickt. Diese Familie, die von unseren Teams aufgenommen und in Yverdon-les-Bains medizinisch betreut wurde, ist nun auf sich allein gestellt und hat keinen Zugang zu der notwendigen medizinischen Versorgung.
Ein Lebensweg geprägt von Gewalt und Unsicherheit
Vor ihrer Ankunft in der Schweiz waren Herr A. und seine Familie in Kroatien schwerer Gewalt zum Opfer gefallen. Die durchgeführten medizinischen Untersuchungen bestätigen:
- schwere körperliche Traumata bei Herrn A. (Rückenschmerzen, Schlafstörungen).
- Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung und Angstzustände, die eine psychiatrische Betreuung und medikamentöse Behandlung erfordern.
- erhebliche psychische Folgen bei seiner Frau, die während ihres ersten Aufenthalts in Kroatien Opfer körperlicher und sexueller Gewalt wurde.
- Schlafstörungen und Unruhe bei ihrem Kind, das direkte Zeuge der Übergriffe war.
Diese medizinischen Befunde belegen eine offensichtliche Gefährdung, die den Behörden vor der Rückführung bekannt war.
Eine Abschiebung unter inakzeptablen Bedingungen
In der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober 2025 wurde die Familie nach Kroatien abgeschoben. Nach den gesammelten Zeugenaussagen griffen etwa zwanzig Polizeibeamte im EVAM-Zentrum von Sainte-Croix ein. Die Tür der Unterkunft wurde aufgebrochen, die Eltern wurden mit Handschellen gefesselt und das Baby aus den Armen seiner Mutter gerissen. Die Mutter erlitt vor Ort einen Krampfanfall. Diese Umstände der Abschiebung sind mit dem Gesundheitszustand der Familie unvereinbar und verstoßen gegen die Grundsätze der Würde und Verhältnismäßigkeit.
Eine alarmierende Gesundheitssituation in Kroatien
Seit ihrer Rückführung lebt die Familie in Kutina, einer Stadt südöstlich von Zagreb, in extremer Armut: keine medizinische Versorgung, kein Zugang zu psychiatrischen Behandlungen und menschenunwürdige Unterbringungsbedingungen. Die Behandlung von Herrn A. wurde unterbrochen, seine psychische Stabilität ist ernsthaft gefährdet. Der Zustand seiner Frau verschlechtert sich, und ihr Kind erhält keine fachärztliche Betreuung.
Die Schweiz hätte diese Ausweisung aussetzen können
Angesichts der medizinischen Fakten und der dokumentierten Gefährdung hatte die Schweiz die rechtliche Möglichkeit, die Ausweisung gemäß der Souveränitätsklausel (Artikel 17 der Dublin-III-Verordnung) auszusetzen. Die medizinischen Fakten zeigen, dass ein weiterer Aufenthalt in Kroatien die Gesundheit und Sicherheit dieser Familie gefährdet.
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Was Médecins du Monde fordert
Médecins du Monde fordert die Schweizer Behörden auf:
- Die sofortige Rückkehr von Herrn A., seiner Frau und ihrem Kind in die Schweiz zu ermöglichen, damit sie eine angemessene medizinische und psychologische Betreuung erhalten können.
- Eine Bewertung der Rückführungsbedingungen und des Austauschs medizinischer Informationen zwischen Gesundheitsdiensten und Verwaltungsbehörden durchzuführen.
- Sicherzustellen, dass Dublin-Rückführungen den Grundsätzen der Würde, der Kontinuität der Versorgung und des Schutzes schutzbedürftiger Personen entsprechen.
Die Situation dieser Familie veranschaulicht die dramatischen menschlichen und gesundheitlichen Folgen der Dublin-Rückführungen nach Kroatien. Médecins du Monde bekräftigt seine Besorgnis über die menschlichen und gesundheitlichen Folgen der Dublin-Rückführungen schutzbedürftiger Personen nach Kroatien. Die Kontinuität der Versorgung und die Achtung der Grundrechte müssen bei jedem Rückführungsverfahren absolute Priorität haben.